Warum und wie Bewertungen unser Miteinander blockieren?

antiquiertes Bild im goldenen Rahmen: Hund mit Urkunden und AuszeichnungenKommunikationssperre nach Gordon: Bewertungen (c)eugeniu/Pixabay

Kommunikationsblockaden verwenden wir sehr oft und meist ohne böse Absicht. Und trotzdem blockieren sie den Gesprächsfluss im Dialog.

Bewertungen gehören zum Unkraut unserer Kommunikation. Sie sind kaum auszurotten – und oft erkennen wir sie nicht einmal. Auch das gut gemeinte „Loben“ ist eine Kommunikationsbarriere. Warum das so ist. wie du Bewertungen erkennst und statt dessen Empathie zeigst, erfährst du hier.

Kommunikationssperren nach Thomas Gordon

Die Kommunikationssperren beruhen auf dem Modell von Thomas Gordon. Im Gordon-Modell unterscheidet man 12 typische Kommunikationssperren.

Eine Kommunikationsblockade ist ein typisches Sprachmuster, hinter dem der – unbewusste – Wunsch steht, etwas am Kommunikationspartner zu ändern.

Ich zeige dir, wie du Kommunikationssperren erkennst und vermeidest und statt dessen Empathie zeigen kannst.

Bewertungen blockieren das Miteinander

Bewertungen gehören zum Gruselkabinett unserer Kommunikation und zum Unkraut unserer Gesprächskultur. Sie sind nur schwer auszurotten. Am besten gelingt dir das mit der Gewaltfreien Kommunikation, die ein Bewusstsein für den Unterschied zwischen Bewertungen und Wahrnehmungen schafft.

Was viele Menschen nicht wissen: Auch Loben ist eine Bewertung und hindert das Miteinander. Warum erkläre ich dir in diesem Beitrag.

Bewertungen gehören zum Gruselkabinett unserer Kommunikation und zum Unkraut unserer Gesprächskultur.

Andrea Wiedel

Kommunikations-Beispiele für Bewertungen:

  • Das hast du gut gemacht!
  • Das ist ganz prima.
  • Du hast dein Bestes versucht.
  • Das hätte ich an deiner Stelle anders gemacht!

Kommunikationsbeispiel Bewertungen

Hier ein Kommunikationsbeispiel für Bewertungen.

Beispiel: Katharina malt ein Bild

Katharina hat ein Bild gemalt. Sie zeigt es ihrem Vater Bernhard. Bernhard schaut sich das Bild an und sagt: “Das hast du aber schön gemalt!”

Katharina freut sich. Sie geht zurück an ihren Tisch und malt noch ein Bild.

Warum sind Bewertungen hinderlich?

Vielleicht fragst du dich, warum Bewertungen zum Unkraut unserer Gesprächskultur gehören? Wertschätzung, Loben, positive Verstärkung sind doch doll, sowohl in der Erziehung als auch bei Führungskräften in Unternehmen…

Durch Bewertungen

  • etablieren eine unsichtbare Hierarchie (wie Ratschläge und sachlich belehren)
  • fördern die Anpassung und Fremdbestimmung
  • blockieren die Selbstentfaltung, Individualität, Kreativität und Authentizität

Durch Loben etablieren wir – wie bei den Kommunikationsblockaden Ratschlägen und beim sachlichen Belehren – eine unsichtbare Hierarchie. Denn der Lobende entscheidet, ob etwas gut oder schlecht, schön oder häßlich ist. Dadurch macht er seine Meinung zum objektiven Maßstab.

Und was lernen unsere Kinder dabei?

Bewertungen führen zu Anpassung

Kinder lernen dabei: sich an die Meinungen von anderen anzupassen (Kinder machen sehr viel, um ihren Bezugspersonen zu gefallen). Fremdbestimmung statt Selbstbestimmung und Anpassung statt Individualität. 

Und manchmal geht auch die intrinsische Motivation verloren, also die Motivation aus eigenem Antrieb heraus etwas zu machen, einfach weil es Spaß macht.

Hier und da eine Bewertung, das ist nicht schlimm. Aber unser Erziehungssystem und Schulsystem basiert auf dem Paradigma, dass andere uns sagen, ob wir etwas gut oder schlecht gemacht haben – zum Beispiel mit Noten und Strafarbeiten. Individualität und individuelle Lernschritte werden viel zu wenig gesehen und gewürdigt.

Was wir statt Bewertungen sagen können?

Was können Eltern anstelle von Lob sagen?

Mit Bewertungen machen wir einen Deckel auf einen Topf – ohne uns mit dem Inhalt des Topfes auseinander zu setzen.  Besser ist es, sich mit dem Inhalt des Topfes zu beschäftigen.

Zum Beispiel können Eltern sich mit dem Bild “inhaltlich” auseinander setzen. Oder sie können ihre Kinder zu einem Dialog einladen und darüber sprechen, was ihnen konkret gefällt und was nicht. Sie können sich aber auch auf die Gefühle und Bedürfnisse der Kinder beziehen, die es mit dem Malen verbindet: zum Beispiel ob es stolz auf das Ergebnis ist und ob es Freude am Tun hatte.

So erreichen wir einen Paradigmenwechsel in der Kommunikation und in der Erziehung.

Kommunikationssperre nach Gordon: Bewertungen

Empathie und Fragen statt Bewertungen

Zurück zum Kommunikations-Beispiel. Was könnte der Vater Bernhard konkret zu seiner Tochter Katharina  sagen, wenn sie ihm ihr gemaltes Bild zeigt?

Lösungsvorschläge mit offenen Fragen:

  • Erzähle mir mal: Was hast du gemalt?
  • Was gefällt dir ganz besonders an deinem Bild?

Formulierungsvorschlag mit Empathie am Beispiel:

  • Bist du stolz, weil es dir gelungen ist, etwas zu malen, das dir selber gefällt? 
  • Hattest du Freude am Malen und bist mit dem Ergebnis zufrieden?

Empathie führt zur Selbstreflexion

Die empathischen Vermutungen klingen für unsere Ohren ungewohnt und passen auch nicht in jeder Situation. Aber sie laden den anderen dazu ein, seiner inneren Befindlichkeit nachzuspüren. In der Erziehung schafft Empathie eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Eltern und Kind – und lädt die Kinder zur freiwilligen Kooperation ein.

Empathie lädt uns ein, sich an unseren Gefühlen und Bedürfnissen zu orientieren.

Andrea Wiedel

Kindern lernen dadurch, sich an ihren eigenen Gefühlen, Bedürfnissen und Werten zu orientieren. Daraus kann Kreativität, Selbstverantwortung und emotionale Intelligenz entstehen.

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