Warum Empathie etwas anderes ist als Mitleid

Mann bedeckt mit den Händen sein Gesicht(c)1388843/Pixabay Kommunikationssperre nach Thomas Gordon

Kommunikationssperren sind in unser Kommunikation absolut alltäglich. Oft verfolgen wir sogar gute Absichten, zum Beispiel mit Mitleid. Trotzdem blockieren sie das Miteinander. 

Warum schenken wir anderen Menschen unser Mitleid? Wir wollen Verständnis signalisieren und unsere Mitgefühl ausdrücken. Trotzdem hat Mitleid auch negative Wirkungen. Welche das sind, erfährst du hier.

Kommunikationssperren nach Thomas Gordon

Die Kommunikationssperren beruhen auf dem Konzept des von verstorbenen Psychologen Thomas Gordon. Im Gordon-Modell unterscheidet man 12 typische Kommunikationssperren. 

Eine Kommunikationsblockade ist ein typisches Sprachmuster in der Kommunikation, hinter der die Absicht verborgen ist, dass wir Schwierigkeiten haben unsere Gesprächspartner so anzunehmen, wie sie sind oder mit ihren Gefühlen umzugehen.

In dieser Serie stelle ich 12 typische Kommunikationsblockaden vor, wie du sie vermeiden und statt dessen Empathie zeigen kannst. In diesem Artikel geht es um Mitleid.

Kommunikationsbarriere Mitleid

Kommunikationsbeispiele für Mitleid

  • Ach, du Arme, du tust mir leid.
  • Das ist wirklich schlimm.
  • Das hast du nicht verdient.

Kommunikation Beispiel

Hier ein Beispiel, wie sich Mitleid in der zwischenmenschlichen Kommunikation gestaltet. Es ist dasselbe Beispiel wie bei der Kommunikationsbarriere Trösten

Denn es sind ähnliche Gesprächssituationen, die uns zum Trösten und zum Mitleid bewegen.

Beispiel: Henry trennt sich von Sabrina

Samira ist zu Tode betrübt, weil sich ihr Freund Henry völlig überraschend von ihr getrennt hat. Ilka übt sich eher in Mitleid:

  • “Ach, du Arme. Du tust mir wirklich leid.”
  • “Jetzt stehst du wieder allein da. Das ist echt fies.”
  • “Ich bedaure dich sehr. Das hast du wirklich nicht verdient, dass man dich so behandelt.”
  • “Von heute auf morgen verlassen zu werden. Das ist echt schlimm.”

Mitleid hat eine positive Absicht

Mitleid würdigt die unangenehmen Gefühle des Erzählers. Das ist ein großer Vorteil. Viel schlimmer ist es, wenn die Gefühle bagatellisiert werden, nach dem Motto “Das ist ja nicht so schlimm”. Das geht in Richtung der Kommunikationsblockade sachlich belehren oder Vergleichen.

Deshalb ist Mitleid auch nicht die schlimmste Kommunikationsblockade. Wahrscheinlich fühlt sich Samira von Ilka auch ein bisschen verstanden. 

Mitleid wirkt auch positiv

Mitleid wirkt auch positiv auf unseren Gesprächspartner

  • signalisiert emotionales Verständnis
  • erkennt das Leid und den Schmerz an
  • geht auf die Gefühle ein
  • würdigt, dass es eine schwierige Situation ist

Gleichzeitig verstärken solche Sprachmuster das negative Erleben und blenden mögliche Perspektiven aus. Das kann dazu führen, dass sich manche Menschen nach Mitleid noch schlechter fühlen. Es ist eine Einbahnstraße der emotionalen Kommunikation.

Aber was können wir sagen um einerseits Verständnis zu signalisieren und andererseits Mut zu machen?

Empathie ist besser als Mitleid

Empathie geht auf die Gefühle ein und macht gleichzeitig Mut. Mit empathischen Vermutungen auf Basis der Gewaltfreien Kommunikation kann Carola ihrer Freundin zeigen, dass sie sich darum bemüht, sie zu verstehen. 

Wenn wir anderen unser Herz ausschütten – sei es dem Therapeuten oder der besten Freundin, dann wünschen wir uns nichts sehnlicher als gesehen, gehört und verstanden zu werden.

Andrea Wiedel

Empathische Vermutungen nach Marshall Rosenberg schaffen Intimität und führen zu Verletzlichkeit. Deshalb sind sie nur dann sinnvoll, wenn wir eine gute Beziehung haben, in der wir uns auch verletzlich zeigen wollen.

Empathie Beispiel

Lösungsvorschlag KommunikationsBeispiel: Empathie statt Mitleid

Wie geht’s Samira? Der Lebensgefährte hat sich überraschend getrennt. Damit ist ein Ankerpunkt für die Erfüllung vieler Bedürfnisse plötzlich weggebrochen. Ein Lebensgefährte ist unsere “emotionale Heimat” in einer egozentrischen Welt, ist etwas ganz Besonderes, was wir nicht einfach von heute auf morgen ersetzen können.

Ilka könnte ihre Freundin Samira fragen, die gerade von ihrem Freund Henry verlassen wurde:

  • Fühlst du dich einsam und sehnst dich nach Gemeinsamkeit und Vertrautheit?
  • Bist du einsam und hast Sehnsucht nach körperlicher Nähe, Intimität und Geborgenheit?
  • Wenn du an die gemeinsame Zeit mit Henry denkst, tut es dann weh und du trauerst um die gemeinsame Zeit und das Schöne?

Empathische Vermutungen geben Samira die Möglichkeit, ihr Erleben und ihre Gefühle zu sortieren und nachzuspüren, wie es ihr wirklich geht. Das ist Mitgefühl.

Doch warum fällt es uns so schwer? Das hat mit dem Stellenwert zu tun, den Trauer, Traurigkeit und Schmerz in unserer Gesellschaft hat.

Trauer und Traurigkeit in unserer Gesellschaft

Es ist ein weit verbreiteter Glaube unserer Gesellschaft, wir müssten immer glücklich und erfolgreich sein. Darum haben wir verlernt, mit Trauer und Schmerz umzugehen – bei uns und auch in der Gegenwart von Menschen, die traurig sind. Deshalb halten wir es gewöhnlich nur schwer aus, wenn wir oder andere zutiefst traurig sind. 

Die Lebenserfahrung lehrt uns, dass Schwierigkeiten, Krisen, Stress, Krankheit, Leiden und Tod zum Leben gehören. Sowohl im Buddhismus als auch in der Gewaltfreien Kommunikation hat Trauer auch einen positiven Aspekt. Denn Trauer zeigt uns, dass wir etwas verloren haben, was wir geliebt haben. Trauer ist Schmerz über verlorene Liebe und gleichzeitig Feiern, dass es diese Liebe gegeben hat. Traurigkeit und Schmerz sind Signale, dass wir lebendig und liebesfähig sind.

Die Fähigkeit zu Trauer braucht Persönlichkeit und Reife

Es erfordert Persönlichkeitsentwicklung und Reife, die Gegenwart eines anderen Menschen auszuhalten, der traurig ist. 

Seminare in Gewaltfreier Kommunikation nach Marshall Rosenberg können dich unterstützen, diese Eigenschaften zu entwickeln. 

Ziel unseres Lebens ist es nicht immer glücklich zu sein.

Ziel unseres Lebens ist es all unser Lachen zu lachen

und unsere Tränen zu weinen.

Marshall Rosenberg
Kommunikationsssperren nach Thomas Gordon: Trösten
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