Tief verbunden will gelernt sein

Frau und Mann gehen Hand in HandVerbundenheit will gelernt sein (c)birgl/Pixabay

Menschen wollen gebunden sein. Wir alle sehnen uns nach einer beständigen und sicheren Bindung – zu einem Lebensgefährten oder einer Lebensgefährtin. Allerdings gelingt es uns nicht immer. Dann leben wir als Single oder in Beziehungen, in denen wir leiden. Vielleicht sind wir frustriert, einsam, unzufrieden und unglücklich. Warum ist das so? Und vor allem: Was können wir ändern?

Buchtipps: Bindungstheorie

Die Bindungstheorie wurde in den 60er Jahre erstmals von John Bowlby erforscht.

Sie erklärt, wie wir uns in Beziehungen verhalten. Nach der Bindungstheorie ist Bindung der Schlüssel zu psychischer Gesundheit und eine sinnvollen, glücklichen Leben ist. Und selbst wenn wir als Kind nicht die Bindung erfahren haben, die wir gebraucht hätten: Bindung können wir lernen!

Folgende Bücher habe ich für Euch gelesen:

  • Diane Poole Heller: Tief verbunden – Buchtipp folgt
  • Sue Johnson: Bindungstherapie in der Praxis
  • Amir Levine, Rachel S.F. Heller: Warum wir uns immer in den Falschen verlieben – Buchtipp folgt
  • Daniel Siegel: Wie wir werden,  die wir sind – Buchtipp folgt

Buchtipp: Tief verbunden

Hier stelle ich das Buch “Tief verbunden” von Diane Poole Heller aus dem Kösel-Verlag vor.

Das Buch ist schlüssig aufgebaut. 

  • Sichere Bindung
  • Vermeidende Bindung
  • Ambivalente Bindung
  • Desorientierte Bindung
  • Bindungstypen und Liebesbeziehungen

Die Autorin stellt nacheinander die einzelnen Bindungstypen vor. Sie erklärt, wie die unterschiedlichen Bindungstypen entstehen. Außerdem beschreibt die Autorin ausführlich und anschaulich, wie man die unterschiedlichen Typen in seinem privaten und beruflichen Umfeld erkennt – und dass sie oft abwertend beschrieben werden. Denn oftmals bezeichnen wir die Bindungstypen mit eher negativen Worten: So steckt hinter einem kühlen, distanzierten Kollegen ein vermeidender Bindungsstil und hinter einer launischen, empfindlichen Freundin ein ambivalenter Bindungsstil.

Je nach Bindungsstil arbeitet unser Gehirn und unsere Gehirnhälften unterschiedlich.

Zudem veranschaulicht die Autorin Diane Poole Heller die verschiedenen Bindungsstile mit konkreten Beispielen aus ihrer therapeutischen Praxis und ihrer Lebenserfahrung. 

Darüberhinaus gibt es eine Vielzahl von Meditationen und Übungen, die den Leser*innen helfen, um sich vom unsicheren Bindungsstil zum sicheren Bindungsstil zu entwickeln.

Bindungstheorie: Welche Bindungstypen gibt es?

Die Bindungstheorie sagt aus, wie wir uns in Beziehungen verhalten, vor allem in engen Beziehungen. Dabei unterscheidet sie 4 emotionale und Verhaltensmuster.

Es gibt 4 Bindungstypen:

  1. sicherer Bindungsstil
  2. ängstlicher oder ambivalenter Bindungsstil
  3. vermeidender Bindungsstil
  4. desorganisierter Bindungsstil

Erstrebenswert ist die sichere Bindung. Alle anderen Bindungen werden als unsicher bezeichnet, wobei die desorganisierte Bindung keine eigenständige Bindungsvariante ist, sondern nur ein add-on zu den anderen beiden unsicheren Bindungstypen.

Sichere Bindung und Vertrauen

Wer sicher gebunden ist, vertraut auf das Wohlwollen seiner Mitmenschen, ist bei Konflikten nicht leicht aus der Ruhe zu bringen. Wir können alle einen sicheren Bindungsstil entwickeln, auch wenn wir aktuell ängstlich, ambivalent, vermeidend oder desorganisiert sind – entweder durch Therapie oder durch mehrjährige Bindung mit einer sicher gebunden Partner*in.


Unsichere Bindung ist meist die Folge von emotionalen Wunden in der Vergangenheit. Du kannst emotionale Wunden heilen und einen sicheren Bindungsstil entwickeln. Zum Beispiel im Coaching mit Empathie – auch am Telefon.

Ängstliche Bindung und Trennungsstress

Der ängstliche Bindungstyp erlebt Trennungsstress, weil er keine Objektkonstanz entwickelt hat. Das heißt: Wenn das Paar getrennt ist, zum Beispiel, arbeitet das Bindungssystem des ängstlichen auf Hochtouren. Da der ängstliche Bindungstyp nie stabile Bindung erfahren hat, ist die Partner*in dann “weg”. Er weiß nicht, ob sie jemals wieder kommt und wenn sie wieder kommt, ob es noch dieselbe ist. Der ängstliche Bindungstyp lebt in ständiger Ungewissheit und ist dauerhaft innerlich angespannt.

Ambivalent gebundene Menschen tendieren dazu, permanent die Liebe und Zuneigung ihres Bindungspartners zu bezweifeln. 

Die Autorin zeigt Wege auf, wie es den ängstlichen Bindungstypen gelingt, ihre Beziehungsängste in den Griff zu bekommen: sich aktiv ins Gedächtnis rufen, was ihr Bindungspartner konkret für die Beziehung macht, dass dafür spricht, dass er sie aufrichtig liebt. 

Außerdem haben ängstlich gebundene Menschen Schwierigkeiten in der Selbstregulation ihrer Emotionen. Deswegen reagieren sie emotional über.

Denn sie haben ein hochaktives Bindungssystem. Wenn es Probleme in der Beziehung gibt, dann können sich nicht auf ihre Arbeiten konzentrieren. wenn etwas bindungstechnisches nicht in Ordnung ist, z.B. Streit in der Arbeit, mit partner. 

Dies unterscheidet sie vom vermeidenden Bindungsstil: Dieser Typ drückt einen Knopf, schaltet das Bindungssystem aus und konzentriert sich auf seine Arbeit.

Vermeidende Bindung und Annäherungsstress

Vermeidend gebundene Menschen haben gelernt, im Leben allein klar zu kommen, sich wenig auf andere zu verlassen. Deshalb haben sie Schwierigkeiten, sich auf enge Beziehungen einzulassen. Sie sind oft Einzelgänger. Nach außen wirken sie kühl und distanziert. Oft können sie sich nicht an Einzelheiten aus ihrer Kindheit erinnern.

Sie erleben Annäherungsstress. Das heißt: Gebunden zu sein bedeutet für sie innerlich Stress.

Man sieht es vermeidend gebunden nicht an, wenn sie emotional aufgewühlt sind. Sie wirken äußerlich ruhig. Nur medizinische Parameter zeigen zum Beispiel einen erhöhten Blutdruck, Herzrasen und Hautwiderstand an – also alles Zeichen von Stress. Diesen Stress verbergen sie manchmal sogar vor sich selbst. Deshalb neigen zu psychosomatischen Erkrankungen wie Magengeschwür.

Vermeidende Bindungstypen haben gelernt, allein klar zu kommen. Sie haben ihre Bedürfnisse nach Bindung heruntergefahren. Sie können Körperempfindungen und Gefühle sehr gut verdrängen. Allerdings sehnen auch sie sich – wie alle Menschen – nach Bindung.

In einer Mediation können sie lernen, wieder ins Fühlen zu kommen (Autorin stellt sie vor).

Durch die Lektüre habe ich das Verhalten meines Freundes besser verstanden: Wenn er auf dem Sofa sitzt und Fernsehen schaut, dann hat das nichts damit zu tun, dass er mich nicht liebt. Dann ist er intensiv mit emotionaler Selbstregulation beschäftigt.

Wenn wir uns trennen sehe ich eine gewisse Erleichterung in seinen Augen. Auch das hat nichts damit zu tun, dass er mich nicht liebt. Er kann sein Bindungssystem runterfahren und alles geht wieder seinen gewohnten Gang, das heißt, den für ihn gewohnten Gang.

Auch das Verhalten eines guten Freundes verstehe ich besser. Er hatte viele wechselnde Beziehungen. Nach zwei Jahren war meist Schluss, weil er das Interesse an seiner Partnerin verlor. 

“Ich bin nicht unglücklich”, erklärte er mir. “Ich finde es wesentlich interessanter mich immer wieder neu zu verlieben!” 

Offensichtlich ist bei ihm das Bindungssystem heruntergefahren und auch die Bedürfnisse nach Bindung, Geborgenheit, Nähe, Zugehörigkeit.

Bindungstypen miteinander

Idealtypisch ist es, wenn zwei sicher gebundene Menschen eine Beziehung eingehen. Sie regulieren Nähe und Distanz, kommunizieren ihre Bindungsbedürfnisse und verhandeln ihre Konflikte. Auch bei Streit und Trennung vertrauen sie auf das Wohlwollen ihres Partners.

Anders ist es, wenn sich ängstlicher und vermeidender Bindungstyp binden – wie es im realen Leben gern geschieht, denn Gegensätze ziehen sich an. Der ängstliche Bindungstyp ist von der (vermeintlichen) Selbstsicherheit des vermeidenden Bindungstyps fasziniert. Der vermeidende Bindungstyp ist von der Emotionalität, Fürsorglichkeit, Lebendigkeit des ängstlichen  Bindungstyps fasziniert.

Die Autorin Diane Poole Heller rät Folgendes:

Generell sollten die ängstlichen Bindungstypen mit den vermeidenden Bindungstyp Geduld haben. Denn alle Menschen sehnen sich nach Nähe, Liebe, Zuneigung und Geborgenheit – auch die vermeidend gebundenen. Wenn die ängstlichen Bindungstypen mit den vermeidenden einen sicheren Hafen bieten, die Distanzierungswünsche akzeptieren, dann können sich die vermeidenden nach und nach in die Beziehung öffnen und ihre verschütteten Bildungswünsche wieder zutage fördern.

Anders als im Buch “Warum wir uns immer in den Falschen verlieben”: (Buchtipp folgt)

Dieser Ratgeber rät ängstlich gebunden Menschen einen Partner mit sicherer Bindung zu suchen – da vermeidende Bindungstypen  “normale” Bindungsbedürfnisse nicht erfüllen – und erfüllen können.

Fazit

“Tief verbunden” ist eine fundierte Einführung in die Bindungstheorie. Sie ist leicht lesbar und mit anschaulichen Beispielen aus dem therapeutischen Praxisalltag der Autorin.

Im Vergleich zu anderen Büchern über die Bindungstheorie: Es ist leichter verständlich als Daniel Siegel, das sich an Fachpersonal richtet. Es ist ähnlich wie der Ratgeber “Warum wir uns immer in den Falschen verlieben”, beleuchtet andere Schwerpunkte als dieses Buch.

Ich empfehle das Buch “Tief verbunden” von Diane Poole Heller allen Menschen, die sich mit den Grundzügen der Bindungstheorie vertraut machen wollen.

Nach der Lektüre hat man ein solides Grundverständnis für die verschiedenen Bindungsstile entwickelt und kann sie in seinem Umfeld leicht zuordnen. Es hilft auch sich selbst und seinen Bindungstyp zu erkennen – und die häufigsten Fallstricke zu vermeiden. Die Übungen, Meditationen und Imaginationen unterstützen bei der Entwicklung eines sicheren Bindungsstils.

Ein Coaching mit Empathie kann dir helfen, emotionale Wunden der Vergangenheit zu heilen und eine sichere Bindung zu entwickeln – auch am Telefon.

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