Umgang mit Misserfolg: Hinfallen – Aufstehen – Krönchen richten – Weitergehen. Diesen Spruch habe ich auf einer Postkarte gesehen. Einerseits hat er mir gefallen, weil er witzig und feministisch war. Andererseits hat er mich nachdenklich gemacht. Denn es ist ein Motivationsspruch, der Burnout und Depression fördert – und uns von unserer Menschlichkeit und Lebendigkeit entfernt. Warum erkläre ich dir hier.
Inhalt
Misserfolg gehört zum Leben
Misserfolge und das sprichwörtliche Hinfallen gehören – leider – zum Leben dazu. Immer wieder erleben wir in unserem Leben Misserfolge, also Situationen, die uns entmutigen:
- eine wichtige Beziehung ist zu Ende
- das Aus einer Freundschaft
- beruflicher Misserfolg – aus welchen Gründen auch immer
- Probleme mit unseren Kindern
- ausgebremst werden mit unseren Zielen
Und grundsätzlich ist es auch richtig, dass wir nach einem Hinfallen wieder aufstehen und neuen Mut fassen. Es ist wichtig, dass wir uns nach beruflichem Misserfolg wieder neuen Zielen zuwenden und nach dem Ende einer wichtigen Beziehung unser Herz wieder öffnen für neue Begegnungen.
Aber dieser Mutmachspruch kürzt die Dinge ab. Er lautet
- Hinfallen
- Aufstehen
- Krönchen richten
- Weitergehen
Misserfolge tut nun mal der Seele weh
Zwischen Misserfolg und Weitermachen fehlen mir zwei wichtige Elemente.
Erstens: Die Trauer, das Weinen, der Schmerz. Es tut weh hinzufallen und es braucht Zeit, das Scheitern und den Schmerz zu verarbeiten. Erst wenn wir dafür genug Zeit haben, ist ein Aufstehen und Weitergehen überhaupt möglich.
Viele Menschen wollen sich mit ihren unangenehmen Gefühlen nicht auseinandersetzen. Sie wollen die schlimmen Gefühle nicht fühlen, denn sie haben nicht gelernt, wie man damit umgeht. Als Kind sollten Gefühle unterdrückt werden mit Sprüchen wie “Ein Indianer kennt keinen Schmerz” oder “Nun stell dich nicht so an” oder “Das ist doch alles nicht so schlimm”.
Heute werden die blöden Sprüche unserer Eltern ersetzt durch die schönen Postkarten mit Mutmachsprüchen wie eben dieser: Hinfallen – Aufstehen – Krönchen richten – Weiter gehen.
Aber nicht nur die Erziehung ist “schuld”. Zusätzlich ist das Motto des Aufstehens gesellschaftlich gewollt. Wir leben in einer optimistischen Leistungsgesellschaft. Wir fühlen uns ermutigt, dass wir unsere Ziele erreichen können, wenn wir uns nur genug anstrengen.
Mehr dazu: Sieben Gründe, warum Mutmachsprüche deinen Burnout fördern
Getröstet werden tut gut beim Misserfolg
Beim Umgang mit Misserfolg fehlt mir in diesem Mutmachspruch auch das Element des Getröstet werdens.
Und ich meine: richtig getröstet zu werden. Mir geht es nicht um das schnelle über den Kopf streichen “Wird schon wieder”, sondern das ganz elementare Teilen von Schmerz und einen anderen Menschen in seinem Schmerz begleiten.
Das ist Empathie oder Mitgefühl. Wichtig ist dabei die Absicht des begleiteten Menschen. Es geht nicht darum, die schlimmen Gefühle beim anderen wegmachen zu wollen. Sondern im Gegenteil: beim anderen Menschen zu sein und mit ihm bei diesen Gefühlen sein. Dafür braucht es Menschen, die mit Schmerz, Trauer, Wut und Hilflosigkeit umgehen können. Und es aushalten können, wenn es einem anderen, lieben Menschen nicht gut geht.
Ich habe das durch die Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg erfahren und gelernt: Empathie schenken und Empathie geben.
Leider machen viele Menschen nicht mehr die Erfahrung des getröstet werdens. Wohl oder übel trösten sie sich selbst mit Mutmachsprüchen. Aber ohne die Erfahrung des getröstet werdens erschöpfen wir uns selbst.
Umgang mit Misserfolg – mal anders
Deshalb müsste es meiner Erfahrung nach heißen:
- Hinfallen
- Weinen
- Getröstet werden
- Aufstehen
- Krönchen richten
- Weitergehen
Erst wenn wir unsere Gefühle, die mit Scheitern verbunden sind, nicht mehr unterdrücken, dann können wir auch wieder voller Kraft und Mut wieder aufstehen und weiter machen.
Beim Umgang mit Misserfolg ist das Wichtiste Selbstmitgefühl.
Andrea Wiedel
Umgang mit Misserfolg: Von der Biene gestochen
Ein Beispiel für die Kraft der Empathie und des Zuhörens von einem schamanischen Stamm. Es gibt die Geschichte, dass mal ein Kind von einer Biene gestochen wurde, draußen im Wald, wo gerade keine Medizin zur Verfügung stand. Das Kind ist zum Schamanen gerannt und hat ihm erzählt, wie weh es tut. Dann sollte das Kind zu den anderen Menschen gehen, die gerade im Kreis rumsitzen und auch denen erzählen, wie weh es tut. Und irgendwann hat es nicht mehr weh getan.
Noch ein Misserfolg: Der Sturz am Ostseestrand
Für den Umgang mit „Misserfolg“ noch eine Geschichte aus eigener Erfahrung. Auf einer Mutter-Kind-Kur saßen wir am letzten Abend am Strand. Franzi, ein vierjähriges Mädchen mit drei älteren und einem jüngeren Geschwisterchen ist über einen Stein gefallen. Franzi mit dreckschlieren im Gesicht und Kratzern an Armen und Beinen.
Franzi war hart im Nehmen. Ich hatte den Sturz nicht gesehen, aber ich hatte es “Rummsen” gehört und es hatte ordentlich gerummst. Franzi schrie wie am Spieß. Ihre Mutter war gerade mal weg. Johanna, Freundin von Franzis Mutter, tröstete Franzi.
Hast du dir weh getan? Wie ist das passiert? Kannst du dein Bein bewegen? Deine Mama ist gleich wieder da!
Franzi nickte, zuckte die Schultern und schilderte in einem Einwortsatz und unter Tränen das Geschehen. Sie weinte herzerweichend.
Ich konnte nicht mehr länger zuschauen: die sachlichen, wenn auch gut gemeinten Bemühungen von Johanna, und Franzi, die ihren körperlichen Schmerz hinausschrie.
Heile, heile Segen für kindlichen Misserfolg
Wenn ich selbst nicht dabei gewesen wäre, ich würde es nicht glauben. Ich stand auf, erhob meine 186 langen Körper und schritt zu Franzi, mit der ich bis dahin gar nichts zu tun gehabt hatte – also fremd für sie war.
Ich hockte mich zu ihr und fragte nur eine einzige Frage: “Wo tut es weh?”
Mit ihrem dreckigen Zeigefinger zeigte sie auf eine Stelle am Bein. Ich beugte mich wortlos genau zu der Stelle, die sie mir gezeigt hatte, und pustete drei mal heftig drauf – mit der Absicht, den Schmerz wegzupusten.
Dann schaute ich Franzi an und fragte: “Und? Geht’s wieder?”
Sie nickte, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, stand auf und humpelte langsam und noch etwas lädiert – aber immerhin – davon.
Wie gesagt: Wenn ich selbst nicht dabei gewesen wäre, ich würde es nicht glauben.
Und mit der Geschichte will ich auch nicht sagen, wie toll ich bin und wie magisch meine Puste ist. Die Magie liegt im Tun. Jeder von uns kann das dem Grunde nach. Wir haben die einfachen Dinge gelernt.
Wir brauchen keine intellektuellen Fragen. Auch zu analysieren, wie es nur dazu kommen konnte hilft nicht. Das einzige, was hilft: den Schmerz anerkennen und mit dem anderen bei seinem Schmerz sein.
Umgang mit Misserfolg: Empathie, Empathie, Empathie
Nach einem Misserfolg sollten wir also nicht den Fehler machen, dass wir nach einem Schuldigen suchen oder uns zwingen – unter Unterdrückung der schlimmen Gefühle – weiterzumachen – wenn eigentlich Pause, Ausruhen und Trost angesagt ist.
Wenn jemand da ist, der auf unser aufgeschlagenes Knie pustet, dann geht es von ganz allein weiter.
Ich puste nicht nur auf aufgeschlagene Knie, sondern unterstütze dich auch beim Umfang mit deinen Misserfolgen.
Coaching mit Empathie
Umgang mit Misserfolg: Eine Möglichkeit des “getröstet werdens” ist ein Coaching mit Empathie. Ich begleite dich mit deinen Gefühlen und schenke ihnen Raum. Ich bin ganz für dich da. So dass du wieder frischen Mut und Kraft findest, aufzustehen und weiter zu gehen.
Hast du einen Misserfolg erlebt oder trauerst du um das Ende einer Beziehung?
Fühlst du dich dich wütend, frustriert oder traurig?
Wünscht du dir Trost und dass sich jemand in deinen Tiefen versteht?
Dann gönne dir ein Coaching mit Empathie!
Übrigens: Coaching mit Empathie geht auch wunderbar am Telefon!