Menschenwürde in der Coronakrise

ein Mann allein im Regen auf Parkplatz-wirkt einsam und traurigEinsamkeit in der Coronakrise (c)harutmovsisyan/Pixabay

Die Würde des Menschen ist unantastbar. So lautet der erste und wichtigste Artikel des deutschen Grundgesetzes. Und so lautet der Titel eines kleinen Büchleins von Gertrud Höhler, das eine Corona-Bilanz zieht.

Menschenwürde philosophisch betrachtet

Eines vorneweg: mit dem Stil der Autorin habe ich mich etwas geplagt. Sie schreibt sehr engagiert und fulminant, polemisch, kritisch, sarkastisch. Mit einigen Gedankensprüngen, die nicht immer ganz nachvollziehbar waren für mich.

Irgendwie hatte ich mir als Juristin unter dem Titel etwas anderes vorgestellt. Nämlich eher eine sachliche Auseinandersetzung mit den Corona-Maßnahmen unter juristischen Gesichtspunkten, vielleicht auch unter Einbeziehung der aktuellen Rechtsprechung. Doch “Die Würde des Menschen ist unantastbar” von Gertrud Höhler ist eine philosophische Auseinandersetzung, die mich nachdenklich gemacht hat.

Gertrud Höhler

Die Autorin Gertrud Höhler ist nicht irgendwer, sondern eine akademisch ausgebildete, berufserfahrene wissenschaftliche Beraterin von Unternehmen. Das ist wichtig, denn wann immer man sich heute kritisch zu den Corona-Maßnahmen äußert, läuft man Gefahr als “Corona-Leugner” abgestempelt oder in die rechte Ecke gedrängt zu werden.

Obwohl ich mir etwas anderes vorgestellt habe, hat mich dann der Inhalt von “Die Würde des Menschen ist unantastbar” überzeugt. Die Autorin setzt sich mit den Corona-Maßnahmen der deutschen Regierung unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde auseinander.

Menschenwürde muss geschützt werden

Gertrud Höhler kritisiert, dass alle Maßnahmen ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des Schutzes von Gesundheit und Leben getroffen werden – und zwar kompromisslos ohne dass das richtige Maß abgewogen wird unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde oder anderer Grundrechte.

Wenn die Regierungen die Menschenwürde als höchstes unserer Grundrechte beachtet hätten, wozu sie nach dem Grundgesetz verpflichtet sind, dann hätte dies zu weniger einschneidenden Maßnahmen geführt. Davon ist die Autorin überzeugt.

In der Coronakrise geht es nicht nur um Inzidenzen, Angst und Panik, sondern auch um eine politische Auseinandersetzung um die Angemessenheit der Corona-Maßnahmen – vor allem unter Einbeziehung der Grundrechte und eben der Menschenwürde. Dem Staat obliegt bezüglich der Menschenwürde auch ein Schutzauftrag. Denn Art. 1 Abs. 2 GG sagt: Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Menschenwürde für die Kinder und Alten

Wenn Kindern das Recht auf Bildung verwehrt wird, wenn es Kindern verboten wird, Freundschaften zu pflegen, wenn die Toten nicht mehr zu Grabe getragen werden dürfen, wenn keine Feste mehr gefeiert werden dürfen, dann ist auch die Menschenwürde verletzt. Und zwar massiv. Daran hätten die Politiker denken müssen.

Vielleicht ist es für meisten Menschen nur ein Herbst, der von Corona-Maßnahme geprägt ist. Aber für etliche Menschen ist es der letzte Herbst ihres Lebens, den sie erleben oder den Angehörige mit ihnen verbringen dürfen. Für einen Dreijährigen ist ein Jahr, das er nicht in den Kindergarten darf, um zu spielen, Freundschaften zu pflegen und soziale Fähigkeiten zu entwickeln, schon ein Drittel seines Lebens. Gerade Familie, Frauen und Kinder leiden, weil viele Grundbedürfnisse nicht erfüllt sind. Einsamkeit und Isolation können Trauma sein.


Gerade die älteren Menschen und Kinder leiden am meisten unter den Corona-Maßnahmen – also die Schwächsten der Gesellschaft, die sich nicht wehren (können). Sie plädiert dafür, dass unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde gerade sie zu schützen wären – und zwar nicht vor dem Coronavirus, sondern vor allzu strengen Corona-Maßnahmen.


Leidest du auch unter den Corona-Maßnahmen? Einsamkeit, Isolation, Verlust von Lebensfreude? Dies kann auch alte emotionale Wunden zum Vorschein bringen. Die Maßnahmen können wir nicht ändern, aber ich kann dir helfen, besser damit umzugehen in einem Coaching mit Empathie – auch am Telefon.

Schweden geht einen Sonderweg

Die Autorin geht auch auf Schweden ein, das im Umgang mit Corona einen Sonderweg ging. Schweden verordnete keine Maßnahmen, sondern setze auf Aufklärung der Bevölkerung, Freiwilligkeit und Selbstverantwortung. Und so ist es folgerichtig, dass in Schweden ein Rückgang der Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln zu verzeichnen war, weil sich die Menschen vor Ansteckung schützen wollten. Gleichzeitig hat Schweden trotzdem viele ältere Menschen in Heimen an Corona sterben sehen, weil es Fehler gemacht hatte. Doch der schwedische Gesundheitsminister Anders Tegnell hat daraus gelernt und öffentlich diese Fehler eingeräumt. Eine Kritikfähigkeit, die deutschen Regierungsmitgliedern fehlt.

Menschenwürde: Fazit

Obwohl das Buch nur 128 Seiten hat, habe ich doch eine gewisse Lesezeit gebraucht, um mich in den Schreibstil der Autorin einzulesen und ihre Gedankengänge nachzuvollziehen. Deshalb empfehle ich das Buch versierten Leser*innen, die sich kritisch und wortreich mit den Corona-Maßnahmen auseinandersetzen wollen.

Gertrud Höhler beklagt, dass es keinen wissenschaftlichen Diskurs, keine politische Auseinandersetzung und keine juristische Argumentation unter Einbeziehung der Menschenwürde gegeben hat. Deshalb übt sie schonungslose Kritik an den politischen Entscheidungen unter dem Gesichtspunkt der Menschenwürde. Mit geschulten und erfahrenen Blick legt sie ihren Finger auf die Schwachpunkte unserer Gesellschaft plädiert für mehr Menschenwürde für Kinder und Ältere.

Hier findest du Meditation gegen die Einsamkeit in Corona-Zeiten:

Meditation: Empathie für Isolation und Einsamkeit in der Coronakrise
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Kategorie Buchtipps & Filmtipps

Ich bin Juristin, Kommunikationstrainerin und Coach, Autorin, Hobby-Neurobiologin, Zuhörerin, Freigeist und Bücherwurm. Ich begleite Menschen bei der Überwindung von emotionalen Blockaden hin zu Potentialentfaltung. Unternehmen unterstütze ich bei der Entwicklung einer wertschätzenden Unternehmenskultur. Ich lebe mit meiner Tochter in Bayreuth.

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